Rede am Frauenkampftag 2019 in Stuttgart

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Kämpferinnen für Frauenrechte.

2019 feiern wir ein besonderes Jubiläum: Vor 100 Jahren im Januar konnten Frauen zum ersten Mal in Deutschland wählen und gewählt werden. Die Novemberrevolution 1918 hat das Frauenwahlrecht erkämpft. Das war zweifellos ein historischer Erfolg und war damals ein Riesen-Schritt in Sachen Gleichberechtigung.

Clara Zetkin war es, die sich auf der ersten internationalen sozialistischen Frauenkonferenz 1907 in Stuttgart in der Liederhalle dafür eingesetzt hat, dass in allen Kämpfen für die Demokratisierung des Wahlrechts die Forderung des allgemeinen Frauenwahlrechts integriert und ernstlich verfochten wird. Erst dieser Beschluss brachte Dynamik in die Bewegung für das Frauenwahlrecht in vielen europäischen Ländern. Auch die anderen Beschlüsse auf dieser Konferenz führten zur Stärkung der Frauenbewegung. Es wurde die Sozialistische Fraueninternationale gegründet, ein internationales Frauenbüro eingerichtet und die „Gleichheit“ zum internationalen Presseorgan der Frauenbewegung gemacht. Clara Zetkin wurde zur Sekretärin des Internationalen Frauensekretariats gewählt, mit Sitz in Stuttgart. All dies waren wichtige Voraussetzungen für den gemeinsamen Kampf der Frauen. Und von Stuttgart gingen wichtige Impulse aus, da Clara Zetkin von hier aus 30 Jahre lang für die deutsche wie die internationale Frauenbewegung gewirkt hat.

Auf der 2. Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz 1910 wurde die Einführung des Internationalen Frauentags beschlossen, der einige Jahre das Frauenwahlrecht zum Schwerpunkt hatte.

Unter dem Motto „Heraus mit dem Frauenwahlrecht“ gingen am ersten Internationalen Frauentag, im März 1911, mehr als eine Million Frauen auf die Straße und forderten für alle Frauen soziale und politische Gleichberechtigung. In Stuttgart wurde im Gartensaal der Brauereigaststätte Dinkelacker in der Tübinger Straße der erste Internationale Frauentag 1911 durchgeführt. Clara Zetkin hielt die Festrede. Sie betonte, dass der Frauentag in der glühenden Atmosphäre des Kampfes um das Frauenwahlrecht gefeiert wird und nur jenseits der Kerkermauern der bürgerlichen Gesellschaft die Frauen als Vollbürgerinnen anerkannt werden.

Auf der Frauentagsveranstaltung wurde einstimmig eine Resolution angenommen, in der es u.a. heißt: „Die Frauen fordern das Wahlrecht, um teilzunehmen an der Eroberung der politischen Macht zum Zwecke der Aufhebung der Klassenherrschaft und Herbeiführung der sozialistischen Gesellschaft, die erst das volle Menschentum dem Weibe verbürgt….“ (Zitat Ende)

Viele Jahre wurde für das Frauenwahlrecht gekämpft – im Zuge der Novemberrevolution 1918 dann verwirklicht.

Bei der Wahl am 19. Januar 1919 konnten erstmals mehr als 17 Millionen Frauen ihr neues Recht nutzen: Über 82 Prozent der wahlberechtigten Frauen gaben ihre Stimme ab, 300 Frauen kandidierten und 37 weibliche Abgeordnete zogen ins Parlament ein. Die ersten allgemeinen, freien, gleichen und geheimen Wahlen in Deutschland führten zu 9,6 Prozent Frauenanteil im Parlament. Die Weimarer Republik hatte in ihren Anfängen damit eine enorm hohe Wahlbeteiligung und einen relativ hohen Frauenanteil. Ja – 9,6 Prozent bezeichne ich als relativ hoch. Denn: Diese Marke wurde erst 1983 im 10. Bundestag mit 9,8 Prozent wieder erreicht.

Viele Verbesserungen konnten in den letzten Jahrzehnten durchgesetzt werden.

1962 wurde die Zustimmung des Gatten auf ein eigenes Bankkonto abgeschafft.

1969 wurden verheiratete Frauen als geschäftsfähig anerkannt.

Ab 1977 durften Frauen ohne Einverständnis ihres Mannes erwerbstätig sein.

Dies sind heute Selbstverständlichkeiten, die Jüngeren hier können sich dies gar nicht vorstellen, dass es solche diskriminierenden Gesetze gab und deren Abschaffung noch nicht so lange her ist. Doch gesichert sind diese Errungenschaften nicht!

Seit Jahren gibt es in Deutschland eine gesellschaftliche Rechtsentwicklung. Die Rechten greifen unsere hart erkämpften Frauenrechte an. Sie wollen das Rad der Geschichte zurückdrehen und die alten Rollenbilder wiederbeleben. Dies weisen wir entschieden zurück. Wir kämpfen für den Erhalt und den Ausbau der Frauenrechte. Wir verteidigen die Errungenschaften der Frauenbewegung und kämpfen weiter für eine sozial gerechte und friedliche Welt. Bei den EU-Wahlen und den Kommunalwahlen Ende Mai dürfen die rechten Parteien keine Stimmen bekommen.

Nutzen wir den Internationalen Frauentag heute, um klare Zeichen zu setzen für ein gleichberechtigtes Leben. Lasst uns Aufstehen gegen Ausbeutung, Ausgrenzung, Diskriminierung, Sexismus und Unterdrückung. Lasst uns solidarisch kämpfen für Selbstbestimmung und eine gerechte Gesellschaft.

 

 

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