Das hat Stuttgart noch selten erlebt: eine Demo, auf der Kinder, Kinderwagen, lila Luftballons und selbstgemalte bunte Schilder und Transparente das Bild bestimmten. Knapp 1500 Kinder, Eltern und ErzieherInnen zeigten am 7. Juli vor dem Rathaus und auf der anschließenden Demo Flagge gegen den Kitanotstand in Stuttgart und in der Region. Aufgerufen hatte die „Initiative Kitastrophe Stuttgart“, die sich seit ca. 3 Monaten für eine bessere Versorgung mit Kinderbetreuungsplätzen, eine bessere qualitative Kinderbetreuung, für mehr Personal, gute Arbeitsbedingungen und Bezahlung sowie Entlastung der Kita-Beschäftigten stark macht. Sie wenden sich auch gegen die seit Kurzem mögliche Vergrößerung der Gruppen, um mehr zusätzliche Kitaplätze zu schaffen, weil dies das Personal noch mehr belastet und auch für die Kinder nicht förderlich ist. Ihr Forderungsprogramm enthält sehr weitreichende Ideen wie bezahlte Freistellung, wenn die Kita außerplanmäßig geschlossen bleibt und Entgeltersatzleistung für Eltern, die keinen Kita-Platz bekommen. Ihre Begründung: „Kürzere Öffnungszeiten gehen zu Lasten der Eltern, vor allem der Mütter, die den Großteil der Sorgearbeit tragen. Viele Familien sind auf den vollen Lohn angewiesen und können es sich nicht leisten, Arbeitsstunden zu reduzieren. Das Kürzen von Ganztagsangeboten auf 6-Stunden-Plätze darf nur auf freiwilliger Basis und bei vollem Lohnausgleich erfolgen.“ Auch die Verbesserung der Ausbildung der Fachkräfte ist der Initiative ein wichtiges Anliegen: „Schulgeld abschaffen oder Finanzierung durch Ausbildungsträger. Attraktive Ausbildungsvergütung, auch bei schulischer Ausbildung. Bessere Qualität: Mehr Berufsschullehrer:innen und mehr Zeit für betriebliche Ausbilder:innen.“ (https://www.kitastrophe-stuttgart.de/)

Wie sehr die Stadt eine weitere Verbreiterung der Proteste fürchtet, zeigt die Anweisung, dass in ihren Einrichtungen das Werben für die Demo untersagt wurde. Es durften keine Plakate aufgehängt und keine Flyer ausgelegt werden. Auch in katholischen Kitas war dies verboten. Die fadenscheinige Begründung der zuständigen Bürgermeisterin Isabel Fezer (FDP): Es wurde dem Image des Erzieherberufs schaden und die Lage in den Kitas dramatisieren. Einschüchtern ließen sich die Aktiven durch die Anordnung allerdings nicht. Die Flyer lagen trotzdem in vielen Kitas aus.

Christa Hourani

 

Die DKP Stuttgart verurteilt entschieden den brutalen Polizeiüberfall auf die Mai-Demonstration des DGB. Damit stellt sich die Stuttgarter Polizei in eine Tradition, die an die dunkelste Zeit in der Geschichte Deutschlands erinnert. Am 2. Mai 1933, also vor 90 Jahren, haben die Faschisten die Gewerkschaften zerschlagen und ihre Gewerkschaftshäuser gestürmt. Die Bilder, die die Polizei mit ihrem Überfall auf die gewerkschaftliche Demonstration zum 1. Mai und der Verletzung zahlreicher DemonstrationsteilnehmerInnen durch Schlagstöcke und Pfefferspray erzeugt hat, erinnern in erschreckender Weise an diese Zeit. Wir fordern, dass die Verantwortlichen für diesen Einsatz zur Rechenschaft gezogen werden.

Dass dies kein Zufall war, sondern geplant, zeigte schon zu Beginn der Maidemonstration das Aufgebot und Auftreten der Polizei, einschließlich einer berittenen Polizeistaffel. Wenn das hier im Lande der neue Umgang der Staatsmacht mit der organisierten Arbeiterbewegung wird, wird unser Grundgesetz ein weiteres Mal mit Füßen getreten.

Vor dem Hintergrund einer zunehmenden Streikbereitschaft gegen die Verarmungspolitik der Bundesregierung, die sich in den Tarifrunden gezeigt hat, und die Beispiele, die uns die KollegInnen z.B. in Frankreich und England geben, bekommen es die Herrschenden hier im Lande offensichtlich mit der Angst zu tun und greifen bereits im Vorfeld zum Mittel der Einschüchterung, damit Menschen Angst bekommen, ihr Demonstrationsrecht auszuüben.

Es muss Schluss sein mit kleinlichen Auflagen bei Demonstrationen, einer immer ausufernderen Videoüberwachung und einer Polizeipräsenz, als wären Schwerverbrecher unterwegs. Das Demonstrationsrecht ist ein Grundrecht und muss uneingeschränkt ausgeübt werden können.

Als wenig hilfreich betrachten wir die Distanzierung von Seiten des Stuttgarter DGB-Vorsitzenden Udo Lutz von den betroffenen TeilnehmerInnen der Demonstration. Die Erfahrungen von 1933 lehren, dass wir uns als Gewerkschaftsbewegung nicht spalten lassen dürfen. Nur gemeinsam werden wir die Angriffe auf Löhne, Lebensstandard und soziale Errungenschaften zurückweisen können. Spaltung nützt immer dem Klassengegner. Deshalb gilt „Wehret den Anfängen“.

 

DKP Stuttgart Mai 2023

 

 

 

 

 

 

Über 3000 Menschen setzten am Ostersamstag ein deutliches Zeichen gegen Waffenlieferungen, für Deeskalation und Friedensverhandlungen im Ukrainekrieg.

 

Parallel zum Krankenhausgipfel in Berlin streikten in Stuttgart ca. 1500 Beschäftigte der Kliniken in Stuttgart, Ludwigsburg, Markgröningen, Winnenden und Schorndorf unter dem Motto: Gesundheit ist Gold wert und wir sind es auch! Das Gold zog sich dann auch durch den ganzen Demozug: goldene Umhänge, goldene Schilder, goldene Konfettis, goldene Stimmung.

Irene Gölz, ver.di Fachbereichsleiterin für das Gesundheitswesen in Baden-Württemberg, sagte auf der Kundgebung auf dem Stuttgarter Marktplatz vor vielen Hunderten Streikenden: „Die Alarmglocken könnten nicht lauter schrillen: Beim heutigen Krankenhausgipfel melden 70 Prozent der Kliniken wirtschaftliche Probleme an, die baden-württembergische Krankenhausgesellschaft sieht durch die geplante Reform zwei Drittel der Krankenhausstandorte im Land in Gefahr, und die Arbeitgeber im öffentlichen Dienst fordern zeitgleich die Möglichkeit von Absenkungstarifverträgen für Kliniken. Auf diese erneuten Zumutungen antworten wir jetzt auf der Straße: eine Sparpolitik auf dem Rücken der Gesundheitsbeschäftigten akzeptieren wir nicht mehr. Wenn der Kaufkraftverlust der Gesundheitsbeschäftigten jetzt auch noch durch echte Gehaltskürzungen verdoppelt werden soll, bricht der Laden zusammen.“

Vor der Kundgebung gab es eine Streikversammlung im Gewerkschaftshaus und eine kämpferische Demo durch die Innenstadt. Auf der Streikversammlung gab es viele gute Redebeiträge von Beschäftigten und Auszubildenden aus den streikenden Kliniken. Verurteilt wurde die hohe Inflation, das Sonderopfer von 6 %, das die Arbeitgeber von den Krankenhausbeschäftigten wollen, aber auch dass die Rüstungsausgaben steigen, während behauptet wird, dass es kein Geld für Gesundheit und Soziales gibt. Unter großem Beifall wurde Verteidigungsminister Pistorius angegriffen, dass er lieber in die Armee investiert, als in die Gesundheit und es wurde gefordert, dass der Krieg sofort beendet werden muss, dass es mehr Geld für die öffentliche Daseinsfürsorge geben muss, statt für Krieg und Waffen. Betont wurde auch immer wieder, dass die Löhne kräftig steigen müssen, dass durch den Mindestbetrag von 500 Euro sich die Schere wieder etwas schließen kann, um etwas mehr soziale Gerechtigkeit zu schaffen.

Die Auszubildenden schilderten die Situation und Stimmung unter den Azubis. Sie sind stolz über den wachsenden Zusammenhalt und haben große Freude am Streik.Oft müssen sie schon, ohne dass sie alle Vorkenntnisse haben, die Stationen am Laufen halten, weil zu wenig Personal da ist. Sie betonten, dass sie sich nicht mit einem kaputt gesparten Gesundheitswesen zufrieden geben wollen.

Immer wieder auch die Betonung, dass sich ohne Streiks nichts verändern wird, dass sie nichts geschenkt bekommen werden, dass Streik die einzige Sprache ist, die die Gegenseite versteht, dass sie einen langen Atem brauchen werden, dass sie auf die eigenen Fähigkeiten und Kraft vertrauen und gemeinsam mobilisieren und kämpfen müssen. „Zusammen sind wir unausstehlich und unschlagbar“. Es müssen vor der 3. Verhandlungsrunde am 27. bis 29. März deutliche Zeichen gesetzt werden.

Die Angriffe auf das Streikrecht wurden scharf verurteilt, insbesondere auch die längeren Ankündigungsfristen und die Notdienstvereinbarungen. Bei letzterem wurde klar gesagt, das machen die Gewerkschaften und nicht die Arbeitgeber. Am Beispiel der gigantischen Kampfes von Millionen Kolleginnen und Kollegen in Frankreich gegen die Erhöhung des Rentenalters wurde der Unterschied herausgearbeitet, dass dort das Streikrecht in der Verfassung verankert ist, während bei uns nur gestreikt werden darf, wenn Gewerkschaften dazu aufrufen. Es wurde erläutert, wie wichtig dieser Streik für ganz Europa ist, weil überall Angriffe auf erkämpfte Errungenschaften stattfinden. Die Solidarität mit diesem Kampf wurde betont.

Die Streikversammlung war eine lebendige politische Lehrstunde, war durch die Berichte aus den verschieden Klinken für alle bereichernd, zeigte, wie vielfältig die Themen sind, die die KollegInnen beschäftigen und wie klar und deutlich sie sich dazu äußern. Die Versammlungen sind ein wichtiges Instrument für die Entwicklung gelebter innergewerkschaftlicher Demokratie, für die Beteiligung und Einbeziehung der Streikenden und für die politische Bildung der Beteiligten. Die Stimmung war gigantisch gut, solidarisch und kämpferisch. In Stuttgart sind Streikversammlungen bei ver.di etabliiert, werden gut angenommen, haben von Jahr zu Jahr bessere Beteiligung und stoßen auf größeres Interesse. Ein Instrument, das in allen Gewerkschaften eingefordert werden muss.

Am 8. März 2023, dem internationalen Frauentag, waren wieder weltweit Millionen Frauen gegen Unterdrückung und Ungleichbehandlung, für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen, für eine gleichberechtigte und solidarische Gesellschaft auf der Straße. Die ersten Demonstrationen am Mittwoch fanden unter anderem in Thailand und Indonesien statt. Schwerpunkt dort waren Gesetze zum Schutz von Hausangestellten. In Kabul versammelten sich Frauen, um gegen die drastisch eingeschränkten Rechte auf Bildung, Arbeit und Schulbesuch durch die Taliban zu demonstrieren. In den USA ging es um die Verteidigung des Rechts auf Schwangerschaftsabbruch. In anderen Staaten Nord- und Südamerikas richteten sich die Demonstrationen gegen die grassierende Gewalt an Frauen und die extrem hohe Zahl von Femiziden, von Frauenmorde. Je nach politischer Situation im Land gab es unterschiedliche Schwerpunkte. Sie zeigen, wie viele frauenspezifische Themen an diesem Internationalen Frauentag weltweit unter den Nägeln brennen, Lebenssituationen, die seit Jahrzehnten, zum Teil Jahrhunderten immer noch benachteiligen, unterdrücken und Frauenarmut verursachen.

 

Dieses Jahr hatte verdi bundesweit zu Streiks in Kindertagesstätten und sozialen Einrichtungen am 8. März aufgerufen, in einigen Städten auch noch andere Bereiche des Öffentlichen Dienstes. Laut ver.di haben rund 70.000 Beschäftigte die Arbeit niedergelegt. In vielen Städten gab es gemeinsame Kundgebungen und Demos der Streikenden mit der feministischen Bewegung. Zehntausende waren gemeinsam auf der Straße und haben diesen Tag zu einem kämpferischen Tag für bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen gemacht.

In Stuttgart hatte das Aktionsbündnis 8. März, verdi, die DGB-Frauen und viele Frauengruppen unter dem Motto: „Die Krisen stecken im System – feministisch streiken weltweit!“ zu Demonstration und Kundgebung aufgerufen. Knapp 7000 Streikende und Aktive der Frauenbewegung versammelten sich auf dem Marktplatz in Stuttgart, 3000 mehr als letztes Jahr. Nicht nur der Sozial- und Erziehungsdienst streikte, auch die Beschäftigten der Krankenhäuser und der Verwaltung.

Christine Behle, ver.di Verhandlungsführerin und stellvertretende Bundesvorsitzende verurteilte in ihrer Kundgebungsrede in Stuttgart die Angriffe auf das Streikrecht: „Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie zwei Jahre Inflation die mühsam über Jahre und Jahrzehnte erkämpften Verbesserungen bei der Bezahlung von Frauen entwerten. Heute am Frauentag kämpfen im ganzen Land Kolleginnen und Kollegen aus sozialen Berufen zusammen für eine gerechte und faire Entlohnung im öffentlichen Dienst. Die Versuche der Arbeitgeber, die Arbeitsniederlegungen als politischen Streik in Frage zu stellen, sind eine Grenzüberschreitung: der heutige Warnstreik am Frauentag ist hundertprozentig legal und zweihundertprozentig legitim.“

Mit einer Aktion vor dem Rathaus wurde die Bedeutung der Streiks am Frauentag zum Ausdruck gebracht: „Wenn wir streiken, steht die Welt still“ – das war die Botschaft auf einer 45 Meter langen Folie – gemeinsam erstellt aus tausenden lila Quadraten, die die Frauen aufgeklebt haben. Auf der Stuttgarter Königstraße wurde auf Schildern an Kleiderbügeln das Recht auf körperliche Selbstbestimmung und damit verbunden die Abschaffung des §218 eingefordert.

Doch auch diesen 8. März – wie bereits im letzten Jahr – war die Polizeipräsenz hoch. Schon ab Mittag fing die Polizei mit Schikanen gegen Aktivistinnen an. Bei einer Stadtverschönerung, die im Vorfeld der Kundgebung die Demoroute und das Stadtbild feministisch prägen sollte, wurden Frauen von der Polizei mehrfach aufgehalten, kontrolliert und durchsucht. Mehrere Aktivistinnen bekamen einen Platzverweis für den gesamten City-Ring und wurden damit von der Demonstration ausgeschlossen. Ihnen wird vorgeworfen, dass sie lila Tücher, Pro-Choice-Absperrband und Schilder rund um die Demoroute angebracht und Statuen mit Haushaltsgegenstände umdekoriert haben. Mit letzterem sollte auf die hauptsächlich von Frauen geleistete unbezahlte Hausarbeit aufmerksam gemacht werden. Mit den Schikanen und Platzverweisen werden die Angriffe auf die Frauenbewegung fortgesetzt, die 2022 am Frauentag begann und zu mehreren Prozesse und Verurteilungen führte.

In Stuttgart war es die größte Frauentags-Demonstration seit Jahrzehnten. Ermutigend war die große Beteiligung an den Streiks, verleihen sie doch diesem Tag eine besondere Bedeutung. Der 8. März hat gezeigt, wenn zusammengeht, was zusammengehört, wächst die Stärke der Frauenbewegung.