Gedenkveranstaltung in Cannstatt zur Pogromnacht 1938

Wann:
Sa, 9. November 2019, 18:00 h
Kategorie:
Haupt

Beschreibung

Mit Reden von:
Martin Poguntke, Pfarrer i.R. und „Dipl.-Päd.“,
Sidar Carman, Gewerkschaftssekretärin bei ver.di Stuttgart,
VertreterIn des Antifaschistischen Aktionsbündnis Stuttgart und Region (AABS)

Moderation:
Joe Bauer (Autor und Betreiber des Flaneursalons)

Kulturprogramm:
Freier Chor Stuttgart mit antifaschistischen Liedern 70435 Stuttgart

Am Abend des 9. November 1938 stürmten gut organisierte SA- und SS-Truppen hunderte Synagogen, tausende Geschäfte und Wohnungen und setzten sie in Brand. Zehntausende wurden von SS und Gestapo verhaftet, über 100 ermordet.

Jüdinnen und Juden wurden ihres Besitzes beraubt, zur Auswanderung gezwungen, in den Selbstmord getrieben, in Konzentrationslager verschleppt und in den Gaskammern ermordet. Das Pogrom war Teil der Vorbereitung auf die planmäßige Ermordung der jüdischen Bevölkerung Europas im Rahmen des Eroberungs- und Vernichtungskrieges, mit dem die Nazis die Welt überzogen…..

Und heute?
Heute kennen die meisten diese Zeit nur aus Geschichtsbüchern oder Erzählungen und vieles scheint so anders als damals. Grundlegende gesellschaftliche und wirtschaftliche Verhältnisse und einige politische Entwicklungen heute lassen sich allerdings erschreckend gut mit denen vom Ende der 1920er-Jahre vergleichen: Wie damals nutzen auch heute Rechtspopulisten und Faschisten die offensichtlichen Missstände eines kriselnden kapitalistischen Wirtschafts- und Gesellschaftssystems und die Ängste der Menschen, um ihre eigene Agenda zu verwirklichen. Geflüchtete, Jüdinnen und Juden oder Menschen, die sich gegen Menschenfeindlichkeit einsetzen, werden zu Sündenböcken und als Schuldige für jede Ungerechtigkeit erklärt. Beinahe im Wochentakt werden neue rechte Untergrund-Netzwerke bekannt, die sich mit Waffen, Trainings und detaillierten Plänen auf die Ermordung ihrer GegnerInnen vorbereiten. Diese Entwicklungen dürfen uns nicht entmutigen; vielmehr muss uns der Blick in die Vergangenheit bestärken, diesem Rechtsruck mutig die Stirn zu bieten. Es darf nicht nur bei einer Symptombekämpfung bleiben; wir müssen den ganzen Sumpf austrocknen, der Armut, Krieg, Unterdrückung und den Faschismus in sich trägt. Deshalb beziehen wir uns auf den Schwur der Gefangenen des KZ Buchenwald, die sich im April 1945 selbst befreiten:

Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.

Wir fordern:

Jeglichem Antisemitismus entgegentreten!

Rassismus und Faschismus den Nährboden entziehen – gegen Sozialabbau und Arbeitsplatzvernichtung!

Aktives Eintreten gegen Aufrüstung, Krieg und Kriegsvorbereitung!

Gleiche Rechte für alle hier lebenden Menschen!

Von deutschem Boden darf kein Krieg und Faschismus ausgehen

Samstag, 9. November 2019 ab 18.00 Uhr am Platz der ehemaligen Cannstatter Synagoge
König-Karl-Straße 45/47 – Nähe U-Bahn Haltestelle Cannstatt Wilhelmsplatz
 

 

 

Im Anschluss an die Gedenkveranstaltung am 9. November um 19.30 Uhr im Verwaltungsgebäude des Bezirksrathauses – Marktplatz 10, 70372 Cannstatt

Lesung und Konzert mit der Holocaust-Zeitzeugin

Esther Bejarano und der Rapband Microphon Mafia

Esther Bejarano wurde 1924 als Tochter jüdischer Eltern in Saarlouis geboren. Bereits mit 10 Jahren bekam sie die ersten Repressionen der deutschen Faschisten zu spüren. 1941 musste sie als Zwangsarbeiterin in einem Fleurop-Blumenladen arbeiten, im gleichen Jahr ermordeten die Nazis ihre Eltern. Zwei Jahre später wurde sie nach Auschwitz deportiert, wo sie im Mädchenorchester spielen musste. Am 3. Mai 1945 erlebte sie in Lübz die Befreiung durch US-amerikanische Truppen.

Esther Bejarano engagiert sich bis heute gegen Krieg und Faschismus, z.B. in Schulen, wo sie über das Grauen und die Hintergründe des Faschismus berichtet.

Gemeinsam mit dem Rapper Kutlu tritt sie seit über 10 Jahren auf über 600 Konzerten auf. Ihr Programm ist vielseitig: Lieder in jiddischer Sprache, die in den Ghettos und KZs entstanden sind, treffen auf Stücke von Brecht oder Hikmet; die Texte werden im Original vorgetragen, sei dies jiddisch, hebräisch, latino, russisch, romanes, türkisch, griechisch, englisch, spanisch oder italienisch. Damit drücken sie ihr Verständnis von Völkerfreundschaft und -verständigung

aus.

Die Veranstaltungen werden von einem breiten Bündnis getragen.